Morning News vom 13.09.2019

Bei der vorletzten von Mario Draghi geleiteten Sitzung des EZB-Rats hat der "big boss" die Strafzinsen für Banken angehoben und die umstrittenen Anleihekäufe wieder aufgenommen. Es ist davon auszugehen, dass für die nächsten zwei Jahre die Käufe munter weitergehen. Am langen Ende macht sich also mehrheitlich eine risikofreudigere Stimmung breit. Die Frage ist nur, wohin das alles führt:

Allgemeines:

Bei einem abendlichen Telefonat mit einem Kunden (kurz bevor die Schlussglocke in Europa läutete) fiel mir beim Blick auf die Finanzmärkte auf, dass sich nichts Grundlegendes geändert hatte, dabei war doch EZB-Sitzung! Das war ein sicheres Indiz dafür, dass die EZB ziemlich genau geliefert hatte, was die Märkte in den Tagen, wenn nicht Wochen davor eingepreist hatten. Der Leitzins wurde samt Staffelung für die geplagten Banken ("Tiering") gesenkt, das Anleihekaufprogramm wird wiederaufgenommen und die sogenannte "Forward Guidance", also die Erwartung der EZB über die weitere Entwicklung ihres Zinspfades wurde angepasst. Aufgrund dessen darf also davon ausgegangen werden, dass für die nächsten zwei Jahre die Käufe munter weitergehen. Mario Draghi hat also sein geschichtsträchtiges und riesiges Paket aus geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen gestern offenbar gegen einigen Widerstand durchsetzen können und hinterlässt damit seiner Nachfolgerin weniger Köcher für den Fall, das die abgeschossenen Pfeile nicht wirklich ins konjunkturelle Ziel treffen. Was hingegen heute Früh die global Risk-on Stimmung weiter antreibt ist einmal mehr ein zartes Pflänzchen der Hoffnung auf eine (teilweise) Einigung im sino-amerikanischen Handelsstreit. Gerüchten zufolge dürften die Streitparteien über einige Interimsabkommen nachdenken, um weitere Zölle zu verschieben oder gar zurückzunehmen. Na hoffentlich kommt da heute kein präsidialer Tweet nach dem Motto "It's not gonna happen, we can't do that". Dies würde perfekt zum Freitag, dem 13. passen.

Aktien/Commodities:

Wie eingangs schon erwähnt beschlossen die europäischen Aktienmärkte den gestrigen Handelstag zwar mit erhöhter Volatilität, jedoch im Grunde mit marginalen Zugewinnen in der Höhe von rund einem halben Prozent. Auf der Kaufliste standen weiterhin Zykliker und teilweise Finanztitel, weniger gesucht waren hingegen beispielweise Ölwerte, wie OMV und Schoeller Bleckmann in Wien, die unter dem rückläufigen Ölpreis litten. Die amerikanischen Kollegen hatten ähnlich Kauflaune, die Indizes hievten sich gerade einmal um rund 0,30 % nach oben. Im Unterschied zu Europa schlossen diese aber hingegen nahe ihrer Allzeithöchststände. Inwieweit die Erholungsrallye in den USA heute fortgesetzt wird, zeigt sich spätestens um 14.30 Uhr, wenn die Einzelhandelsumsätze für den Monat August und später um 16.00 Uhr das Stimmungsbarometer der Universität von Michigan veröffentlicht werden. Ersteres gibt uns Aufschluss darüber, ob der (für rund 70 % des US-BIPs verantwortliche) US-Konsument weiterhin in Kauflaune ist. Für den Stimmungsindikator wird eine leichte Verbesserung erwartet, womit der Boden für weitere Zugewinne gelegt wäre. Die Frühbörse in Asien (sofern geöffnet) zeigt sich ebenfalls positiv ob der jüngsten Versöhnungstendenzen vor den nächsten Gesprächen zwischen Peking und Washington und geht mit Zugewinnen von 0,55 % (Hang Seng) und gut 1 % (Japan) ins Wochenende. Die europäische Frühbörse tritt mit leicht positiver Tendenz noch auf der Stelle. Entsprechend der Risk-on Stimmung konnte Gold die gestern kurz übersprungene Marke von USD 1.500 je Unze nicht halten und kämpft heute Früh mit eben dieser. Die Notierungen für Rohöl liegen rund um die gestrigen Schlusskurse, von der Anfang dieser Woche versprühte Euphorie ist aber nichts mehr zu spüren. Gestern lastete der Bericht der internationalen Energieagentur über eine drohende Angebotsschwemme am Ölmarkt auf den Kursen.

FX/Zinsen:

Die EZB senkt die Zinsen und der Euro legt zu. Was zunächst unsinnig erscheint, wirkt auf den zweiten Blick vielleicht gar nicht so abwegig. Das gestern an dieser Stelle schon mehrfach erwähnte "Tiering" könnte nämlich dafür sorgen, dass der Interbankmarkt um eine Nuance besser in Gang kommt als bisher. Je nachdem, wie die Ausnahmen für die Einlagen der Banken bemessen werden, kann es dazu führen, dass jene Banken, die ihren 0%-Einlagenfreibetrag nicht aus den eigenen Kundeneinlagen füllen können, sich dies am Interbankenmarkt hereinholen und dies (quasi in einer Win-Win-Situation für beide Seiten) zu einem leichten Anstieg im kurzfristigen Zins-Bereich führen könnte. So stieg der 3-Monats-Euribor in den letzten Tagen wieder einmal leicht an (siehe Charthighlight). Da hier (wieder einmal) absolutes Neuland beschritten wird, behält sich die EZB vor, den Multiplikator zur Berechnung eben dieses Freibetrages laufend anzupassen. Am langen Ende macht sich mehrheitlich die risikofreudigere Stimmung breit, die Rendite für 10-jährige, deutsche Staatsanleihen liegt bei "nur" -0,50 %, jene für die amerikanischen Pendants bei 1,78 %. Profiteur von der gestrigen EZB-Aktion war unter anderem Italien. Deren Refinanzierungskosten (gemessen an den 10-jährigen Zinsen) hat sich ohnehin schon seit der Lösung des Regierungsknotens deutlich reduziert und lag gestern im Tief bei 0,75 %. Die Gegenbewegung folgte, mit 0,92 % liegen diese aber immer noch auf dem tiefsten Stand seit 5 Jahren.

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